26. Juni 2025

Tag 23 - 37: Gedanken zwischen Fortschritt und Fragilität

Es sind jetzt 37 Tage seit der Transplantation. Und 14 seit meinem letzten Eintrag. Irgendwie fühlt es sich gleichzeitig kürzer und länger an – die Zeit hat ein eigenes Tempo bekommen.

Was sich aber nicht leugnen lässt: Es tut sich was. Ich merke, dass mein Körper langsam an die neue Realität herantastet. Manche Tage geben mir das Gefühl, dass es bergauf geht. Andere erinnern mich daran, wie fragil alles noch ist.

Denn auch wenn die Fortschritte Mut machen – es bleibt ein Drahtseilakt. Masken gehören weiterhin zum Alltag, fast wie ein festes Kleidungsstück. Alle drei Tage geht’s nach Zürich zur Kontrolle – eine Strecke, die ich inzwischen fast im Schlaf kenne. Die Medikamente? Strikt, ohne Spielraum. Die Ernährung? Genau getaktet, nichts Spontanes, alles mit Bedacht.

Und trotzdem – das grosse Fragezeichen bleibt. Ob die Transplantation wirklich „gegriffen“ hat, wird sich erst nach 100 Tagen zeigen. Und selbst dann ist nicht einfach Schluss. Das Ziel ist noch in weiter Ferne, vielleicht auch nicht klar umrissen. Aber es ist da.

Zwischendurch erwische ich mich dabei, wie ich kurz durchschnaufe, mich über Kleinigkeiten freue – ein Spaziergang, der nicht sofort erschöpft. Ein Tag ohne neue Beschwerden. Diese Momente sind klein, aber sie zählen. Vielleicht sogar mehr, als ich dachte.

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14. Juni 2025

Tag 20 - 23: Die leidigen Nebenwirkungen

Zwischenzeit

Die Genesung schreitet langsam voran – in kleinen, oft kaum spürbaren Schritten. Noch befinde ich mich in einer kritischen Phase, die voraussichtlich rund 60 Tage andauern wird. In dieser Zeit heisst es: Abstand halten, Menschenmengen meiden, Infektionen vermeiden. Keine einfachen Vorgaben für jemanden, der dem Leben gern nah ist. Zusätzlich darf ich (Corona lässt grüssen) wieder Masken tragen.  Erst nach ca. 100 Tagen lässt sich der "Erfolg" bemessen und abschätzen. Euer Zuspruch und Wünsche sind also immer noch vonnöten. Was aber jetzt schon eingetroffen ist, dass meine Haut immer mehr gesundet. Das ist für mich schon ein enormer Fortschritt. Das "Problem" stellt sich jetzt mehr im Bereich einer (möglichen) drohenden Abstossung.

Ich muss 2 x in der Woche zur Kontrolle nach Zürich. Dabei unterstützen mich Freunde, die mich fahren und begleiten. 

Ich werde wohl umsorgt, im USZ, zu Hause und erhalte viel Zuspruch von Freunden und Freundinnen. Das gibt mir Mut und Kraft. Dafür bedanke ich mich recht herzlich.

Die medikamentöse Begleitung bleibt intensiv – ein ganzer Berg an Tabletten, deren Nebenwirkungen nicht spurlos an mir vorübergehen. Die Haare verabschieden sich langsam, die Hände zittern – was das Schreiben deutlich erschwert. Manchmal ringe ich um jeden Buchstaben um ihn zu "treffen". Lästig.

Darum eine Ankündigung: Ich werde hier nicht mehr täglich schreiben. Aber ich bleibe dran. Vielleicht nicht regelmässig, dafür umso ehrlicher. Wer mag, schaut einfach gelegentlich vorbei – ich freue mich über jede stille oder laute Leserschaft.

 

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9. Juni 2025

Tag 20: Katholisch geimpft – Nebenwirkung: Die ewige Frage nach der Schuld

Lied des Tages: Johnny Cash: "Hurt"

 

Aufgewachsen im Wallis, erzogen zur Demut, trainiert zur Selbstanklage. Wenn der Körper versagt, meldet sich nicht nur die Medizin – sondern auch die alte Stimme im Kopf. 

Wer im Lotto gewinnt, fragt nicht nach seiner Schuld an diesem (Un)Glück. Er nimmt den Gewinn entgegen, staunend vielleicht, aber ohne Reue.

Doch was, wenn man das Gegenteil trifft? Wenn man bei einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million nicht das Glück, sondern eine Krankheit erwischt? Wenn das Los, das man gezogen hat, nicht Freude bringt, sondern Furcht – fragt man dann nach Verantwortung? Nach Schuld?

Nicht Schuld im strafrechtlichen Sinn, nicht einmal im moralischen. Sondern etwas, das tiefer geht. Etwas, das sich nicht begründen lässt – nur fühlen. Die Frage, ob ich verantwortlich bin für meinen Zustand, für diese Krankheit, die in mir arbeitet: still, radikal, ohne Erklärung.

Ich bin katholisch aufgewachsen. Schwarz, wie man im Wallis sagt – wie die Soutanen der Priester, wie das Gewissen nach der Beichte, wie der Blick der Nonnen, wenn man ihn nicht senkte. Ich habe gelernt: Wer leidet, sühnt. Wer krank wird, zahlt. Für etwas. Vielleicht für alles.

Diese Vorstellung sitzt in mir wie ein altes Lied, das ich nicht mehr bewusst höre, das mich aber durchdringt. Es wurde nicht diskutiert, nur gelebt. Der Körper ist nicht neutral – er ist Bühne, Schlachtfeld, Reliquie. Und wenn er versagt, fragt etwas in mir: Was hast du getan, dass du krank bist? (Schlimmer hielten es die Pfaffen nur noch nur mit der körperlichen Lust. Davon vielleicht demnächst mehr.)

Ich weiss, wie absurd das klingt. Ich kenne die Medizin, die Statistik, die Gene, die Zufälle. Und doch spricht diese alte Stimme, besonders wenn ich allein bin: Vielleicht hast du versagt. Vielleicht ist es deine Schuld. Vielleicht ist es eine Prüfung.

Ich versuche, mich davon zu lösen. Aber die "ein gepeitschte" Frage nach der Schuld ist klebrig. Sie haftet selbst an den klarsten Gedanken. Und sie passt so gut zur Schwere, die Krankheit mit sich bringt.

Ist meine Krankheit eine Sühne?

Diese Frage hilft mir nicht. Sie erklärt nichts. Ich stelle sie trotzdem, um verständlich zu machen, woher meine Gedanken kommen – wie tief Herkunft, Erziehung und vor allem religiöse Dogmen wirken. Ich habe mich früh davon gelöst - glaubte ich - doch stelle ich fest, wie tief dieses Denken sitzt

Mein Fazit: Ich bin krank, weil ich lebe. Ich bin eine Variante des Lebens unter vielen. Und Leben ist nie ohne Risiko.

Wenn ich "sühne", dann eher nicht für Sünden, sondern für all das, was ich mir selbst verwehrt und unterlassen habe – im stummen Gehorsam gegenüber einer Herkunft, einer Religion, die mich noch immer anblickt, wie (so absurd es klingen mag): verhöhnend, vorwurfsvoll, unbewegt, unausweichlich, lustfeindlich, und kalt. 

Simone Weil, erzkatholisch wie, bringt es auf Ihren Punkt:

„Das Unglück zwingt die Seele, sich nach unten zu beugen, aber in dieser Demut kann sie das Licht berühren.“

Nicht mit mir, Simone!

 

Wer sich in "schwarze Pädagogik) vertiefen will, lese:

Lloyd de Mause: Hört ihr Kinder weinen

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8. Juni 2025

Tag 19: Status

 


Zustandsbericht – Heimkehr in Etappen

Seit Freitag bin ich wieder zu Hause. Ein kleiner, aber bedeutungsvoller Schritt. Die vertraute Umgebung, die Geräusche meiner Wohnung, der Duft des eigenen Bettes – all das wirkt wohltuend und doch seltsam fremd. Mein Körper ist noch sehr geschwächt, mein Immunsystem ist auf wackeligen Beinen. Ich spüre deutlich, dass ich verletzlich bin, auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, wo Viren, Bakterien oder Pilze noch Angriffspunkte finden sollten. Und doch mahnen die Ärzt:innen zur Vorsicht – und sie werden wohl wissen, warum.

Für die kommenden drei Monate bleibe ich unter enger medizinischer Beobachtung. Kontrolltermine, Laborwerte, Hygienevorgaben – sie begleiten mich durch diese Phase der Rekonvaleszenz. Es ist eine Zeit der Geduld, der kleinen Fortschritte und der bewussten Selbstfürsorge.

Ich habe beschlossen, den Blog wieder regelmässig zu führen. Vielleicht nicht täglich, aber kontinuierlich. Schreiben hilft mir, Ordnung in die Gedanken zu bringen, und vielleicht ist der eine oder andere Eintrag auch für andere von Interesse oder Trost. Ich freue mich, wenn ihr mich auf diesem Weg begleitet.

  Es würde mich freuen, du schaust gelegentlich rein.

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Tag 19: " ... thanks for the Dance ... " (Roche, Novartis, Elly Lilly und Konsortien)

Lange war Stille. Nicht weil es nichts zu sagen gegeben hätte – sondern weil mein Geist, besetzt von einer Armee aus Medikamenten, nicht mehr imstande war, Worte zu formen. Die Tage verschwammen ineinander, wie in milchiges Glas gegossen. Gedanken kamen kaum zustande, Erinnerungen glitten mir wie Fische durch die Finger. Schreiben war unmöglich.

Jetzt, da sich der Nebel ein wenig lichtet, wage ich einen vorsichtigen Schritt zurück an die Ränder meiner eigenen Wahrnehmung. Noch ist vieles brüchig. Doch ich beginne zu verstehen, was diese Wochen mir abverlangten – körperlich, geistig, seelisch.

Es war ein Tanz.

Ein zögerlicher, schmerzender Tanz mit Substanzen, die kommen, um zu retten – und dabei rauben, was einen ausmacht: Wachheit, Erinnerung, Klarheit. Ich bewegte mich im Takt ihrer Rhythmen, fiel aus dem Takt meines Lebens. Manchmal schienen sie mich zu führen, manchmal schleiften sie mich nur noch mit.

Leonard Cohen singt in Thanks for the Dance von einem letzten Tanz, einem Zwiegespräch mit der Endlichkeit – leise, traurig, zärtlich. Für mich war es kein letzter, aber ein existenzieller Tanz. Ich war nicht frei, aber ich war dabei. Ich war nicht stark, aber ich war da.

Und immer wieder dieses Gefühl: Der Körper denkt mit. Und der Geist wohnt im Körper. Was die Medikamente mit dem Blut machten, griff über auf mein Fühlen, mein Denken. Ich war nicht mehr ganz ich. Und doch war ich zugleich nirgends so sehr bei mir wie in dieser  (chemischen) Entblössung.

Vielleicht ist es das, was bleibt:

Ein demütiges Staunen über das fragile Zusammenspiel von Heilung und Verlust.

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3. Juni 2025

Tag 10 - 13: .... wenn das Denken schwerfällt

Die vergangenen drei Tage waren eine grosse Herausforderung. Körperlich erschöpfend, geistig leer – als hätte mir jede Zelle signalisiert: Jetzt zählt nur noch das Durchhalten. Schreiben? Undenkbar. Selbst das Formulieren einfacher Gedanken war mir kaum möglich.

Doch es hat sich gelohnt.

ich bin nun, so darf ich sagen, auf dem steilen Weg der Besserung. Die ersten Anzeichen der Erholung sind spürbar, und es besteht berechtigte Hoffnung, dass ich in den nächsten Tagen entlassen werde.

In diesem Moment des Aufatmens möchte ich mich von Herzen bedanken – für all die Zeichen der Zuversicht, des Mitgefühls, der Ermutigung. Sie haben mich begleitet, auch wenn ich nicht immer in der Lage war, zu reagieren. Jede dieser Gesten war ein Lichtpunkt in einer dunklen Zeit.

Danke – und bis bald in einer helleren Phase.

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29. Mai 2025

Tag 9: Wenn eine Stück Kindheit ins Rutschen gerät

 

Blatten. Nur ein paar Kilometer oberhalb von Susten, meinem Geburtsort, liegt es – 30 Minuten entfernt, aber tief drin in meiner Erinnerung. Für uns war’s wie ein geheimes Tor ins obere Tal. Und noch ein Stück weiter oben: die Fafleralp – unser Lieblingswanderplatz als Familie. Still, rau, fast ein bisschen aus der Zeit gefallen.

Ich denke an die steilen Pfade, das Bimmeln der Kühe, den Geruch von Heu, Stein und warmem Holz. An das Wasser unter der alten Holzbrücke. An das dunkle Holz der Ställe. An meine Cousins – und an die "Boozugeschichten"  hinter der Kapelle.

Der Bergsturz dort hat mich mehr erwischt, als ich dachte. Es fühlt sich an, als ob etwas Altes, Festes ins Rutschen kommt. Ich bin 1979 weggegangen. Raus aus dem Wallis, aber das Tal – das steckt noch in mir. In meinem Tonfall. In meinem Blick auf die Berge. In meinem Denken.

Wenn Orte der Kindheit bröckeln, wackelt man kurz mit. Es kratzt an Wurzeln, von denen man dachte, sie seien längst weitergewachsen.

Aber Heimat bleibt. Nicht als Ort. Als Gefühl. Als Art zu schauen. Auch wenn ich heute anderswo lebe – ich bleibe ein Kind dieses Tals.

Ich denk an Blatten. An die Fafleralp. Und an das Kind, das ich dort war.

Ich wünsche allen den nun entwurzelten Menschen, neue Wurzeln und dass sie Orte finden, an denen ihre Wurzeln neu wachsen können. Im Idealfall, da wo die alten Wurzeln jetzt ruhen.

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28. Mai 2025

Tag 8: .... Warum im Wallis die Uhren anders ticken

Heute Geschichte. Nicht die langweilige (hoffentlich) mit Jahreszahlen, sondern die einzig wahre Version. Es geht um das Wallis. Und darum, warum dort die Uhren anders ticken. Wirklich anders.

Also, es war einmal – zu jener Zeit, als Wikinger noch durch Europa segelten, um sich ihre Reiseziele spontan und oft unfreiwillig zu erschliessen. Zwei Clans prägten diese Ära besonders: die strategisch denkenden Wall-Wikingerinnen und die actiongeladenen Rall-Wikingerinnen. Letztere: stark im Arm, schwach im Hirn. Erstere: mehr Pläne als Muskeln, aber mit einem Faible für Geist, Raffinesse und Lebensklugheit.

Und so entwickelten die Wall-Wikinger*innen die legendäre Wall-ung – eine Art früher Rückfahrplan mit Navigationshilfe. Ziel: rechtzeitig heimkehren, bevor daheim die Geduld der wartenden Bezugspersonen – in welcher Beziehungsform auch immer – vollständig aufgebraucht war.

Doch der Clou kam erst später. Man baute zwei Wall-Ungs. Die eine zeigte den Rückkehrpunkt korrekt an – brav, ehrlich, langweilig. Die andere hingegen – nennen wir sie die „kreative Edition“ – schob den Rückkehrzeitpunkt einfach ein paar Tage vor. Und genau mit dieser segelten die Wall-Wikingerinnen früher heim, kamen vor den Rall-Kolleginnen an – und sicherten sich den wohlmeinenden Empfang samt aller zwischenmenschlichen Zuwendung, die damals so üblich war.

Klar, das war manipulativ, aber gerissen. Effektiv. Und ja, vielleicht etwas fies – aber wo Wikinger sind, ist bekanntlich kein Platz für moralische Skrupel, sondern nur für gute Strategien.

Nach Jahren des Zeitbetrugs, Muskelneids und zwischenzeitlichen Flottenrennen hatten die Wall-Wikinger*innen dann genug. Entzweiten sich die Clans. Die Wall-Vikinger segelten los – auf der Suche nach einer neuen Heimat. An einem anderen Ort südlich des Chaos fanden sie einen Fluss, dann noch einen, dann einen Bach mit seltsam gelblichem Zufluss. Dort war Schluss. Man blieb.

Den Bach nannten sie „Ill-Ba“ – aus Gründen, die man vermutlich nie ganz verstehen muss. Und aus den Wall-Wikingerinnen wurden, mit etwas Berg-Tal-Patina und viel Eigenwillen: die Walliserinnen.

 

Und da oben, zwischen Tannen, Felsen und sturem Stolz, tickt sie noch – die kleine, schiefe, manipulierte Uhr. Nicht richtig. Aber konsequent anders.

Und genau deshalb: Im Wallis ticken die Uhren anders. Der Zeit immer voraus.

Und das hat seine Gründe.

Denn was einst in den Wall-Wikinger*innen keimte – taktisches Denken, ein Hauch Rechentrick, gepaart mit einem tiefen Bedürfnis, einfach ihre Ruhe zu haben – hat sich bis heute vererbt.

Die Walliserinnen? Nun ja, ein Völklein mit Herz, Hirn und Härte. Strategisch wie ihre Vorfahrinnen, genusssüchtig, redselig nur, wenn’s sein muss, und mit einem Sinn für Zeit – aber nach eigenem Kalender.

Sie sind reserviert, aber herzlich, eigensinnig, aber nicht unfreundlich. Man könnte sagen: kontaktfreudige Einzelgängerinnen mit dem Blick fürs Wesentliche. Wer sie unterschätzt, verliert (und zahlt Subventionen). Wer sie versteht, findet Freundinnen fürs Leben – sofern man das Glück hat, überhaupt als „dazugehörig“ zu gelten.

In ihren Genen steckt die Wall-ung – und die tickt eben nicht wie bei den anderen. Sondern nach Walliser Logik. Und das ist: eine Wissenschaft für sich.

Genau so war es. Jede Zeile, jedes Wort.

 

Wer was Ernstes lesen will dem sei Maurice Chappaz empfohlen: Die Zuhälter des ewigen Schnee

 

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27. Mai 2025

Tag 7: ....... wie die Zeit vergeht

 

Lieder des Tages

Hubert von Goisern: Heast as nit

Stephan Zimmer: Was bleibt

Martina Schwarzmann: Weils i's lem so mag

 

Gestern wurde ich gefragt, warum ich so offen über meine aktuelle Situation schreibe – warum ich Dinge teile, die viele lieber für sich behalten würden.

Die Antwort ist einfach: Ich brauche eine Form, mich mit allem auseinanderzusetzen. Diese Wochen im Spital – vier, vielleicht sechs – sind mehr als eine Pause. Sie reißen mich aus dem Alltag, halten mich auf engem Raum, körperlich angeschlagen, geistig aber hellwach. Und so wurde das Schreiben für mich ein Weg, diese Zeit nicht bloß zu ertragen, sondern etwas darin zu finden.

Natürlich helfen Bücher, Serien, das endlose Scrollen – doch sie dringen nicht tief genug. Was wirklich trägt, sind die stillen Nächte. Sie lassen Raum entstehen: für Gedanken, Erinnerungen, ein inneres Weitergehen.

Vielleicht ist das hier nur ein kurzer Halt. Vielleicht auch ein Übergang. Ich weiss es nicht. Aber gerade deshalb scheint es mir richtig, innezuhalten. Nicht aus Nostalgie, sondern aus dem Wunsch heraus, klarer zu sehen.

So soll eine kleine Sammlung von Gedanken entstehen – Splitter, vielleicht ein Stück Lebensbilanz. Und ich bin dankbar für jede Rückmeldung. Nicht, um Bestätigung zu finden, sondern weil im Schreiben eine leise Verbindung entsteht. 

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26. Mai 2025

Tag 6: Ich erinnere Kühe

Lied des Tages

Silivie Vartan Mister John B

Heute erreichte mich eine Nachricht, die mich tief berührte: Mein Vetter Johann hat mir gute Besserung gewünscht. Eine schlichte, herzliche Mitteilung – und doch hat sie vieles in mir bewegt. Sofort tauchten Bilder aus unserer Kindheit auf. Die vielen Nachmittage, an denen wir die Kühe „hüteten“, am Bachufer spielten, Steine übers Wasser springen liessen oder einfach unter dem Apfelbaum lagen und uns Geschichten ausdachten.

Und dann die Sommer auf der Alp – eine Welt für sich. Ich sehe uns wieder vor mir: barfuss im feuchten Gras, das frühe Aufstehen, wenn der Morgen noch still war und Nebelschwaden zwischen den Hängen schwebten. Der Gang in den Stall, das rhythmische Geräusch beim Melken, die Wärme der Kühe, ihr ruhiges Atmen, ihr Blick – scheinbar gleichgültig, aber voller stiller Präsenz. Sie hatten etwas Erdendes, diese Tiere. Ihre Gleichmässigkeit, ihre Wiederkäu-Ruhe – sie standen im Kontrast zu unserer jugendlichen Ungeduld, unserem Bewegungsdrang. Vielleicht haben wir von ihnen mehr gelernt, als wir damals begriffen.

Ich erinnere mich auch an die "waghalsigen" Skitouren im Winter. Unerschrocken stapften wir los, mit einem gesunden Mass an Übermut und einem unsicheren Gespür für die Grenzen. Die Kälte, das Knirschen des Schnees unter den Brettern, das Ziehen in den Beinen – all das war Teil eines intensiven Lebensgefühls. Wir waren überzeugt, dass uns nichts passieren konnte.

Nicht alles war harmonisch. Ich denke auch an einen Streit, der uns einmal entzweit hat. Die Worte fielen schnell, vielleicht zu schnell. Es ging, wie so oft, um etwas Nebensächliches – aber es berührte einen wunden Punkt. Ich erinnere mich an das Schweigen danach, das schwerer wog als der Zorn. Und auch an die wortlose Annäherung, das stille Verzeihen. Es war nicht das letzte Mal, dass ich lernte: Nähe und Konflikt gehören zusammen.

All diese Erinnerungen – die schönen, die aufregenden, die schmerzlichen – sind Teil meiner Biografie. Sie lassen mich spüren, dass ich gelebt habe. Und sie werfen eine alte Frage auf: Leben wir, weil wir uns erinnern? Oder erinnern wir uns, weil wir leben?

Vielleicht ist beides wahr. Erinnerungen sind mehr als gespeicherte Bilder. Sie sind gelebte Wirklichkeit, konservierte Erfahrung, inneres Eigentum. Ohne sie wäre mein Leben wie ein Buch ohne Seiten – leer, unlesbar.

Die Kühe, die Kindheit, der Streit, die Stille der Berge – sie alle sind Teil meiner Geschichte. Und so bedeutet auch Johann für mich mehr als nur ein Vetter. Er ist ein Stück meiner Vergangenheit, ein lebendiger Anker in meiner Erinnerung. Und allein diese kleine Nachricht von ihm hat mir gezeigt, wie viel in einem einzigen Gruss mitschwingen kann – wenn das Herz mitliest.

 

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25. Mai 2025

Tag 5: Eine kleine Nach(t)Betrachtung

Letzte Nacht am USZ – eine wache Zeit

 

Die Nacht verging nicht. Ich lag im Bett, umgeben von der klinischen Klarheit des Zimmers, dem rhythmischen Summen der Geräte, den fernen Geräuschen auf dem Gang – Schritte, leise Stimmen, ein zufallend sanft schliessendes Türblatt. Und mittendrin: ich. Wach. Ruhig an der Oberfläche, aber innerlich in Bewegung.

Tageslied

Sean Rove To leave something behind

 

Es war keine Angst, die mich wach hielt – eher eine gespannte Offenheit. Mein Körper war müde, aber mein Geist war hell. Ich spürte jede Stunde, jede Minute fast körperlich. Die Zeit schien sich zu dehnen, als wolle sie mir etwas zeigen, das ich sonst vielleicht übersehen hätte.

Da lag ich also, in einem fremden Bett, nicht ganz gesund, nicht ganz krank – irgendwo dazwischen. Und ich dachte nach: über das, was war, über das, was noch kommt. Über mein Leben. Über Vergänglichkeit – und was in ihr Bestand haben könnte.

Diese Nacht hat mir nichts „gegeben“ im üblichen Sinn. Kein Trost, keine Erkenntnis mit Ausrufezeichen. Aber sie hat mir etwas zugemutet – und ich habe es angenommen. Ich war mir selbst näher als sonst. Ohne Ablenkung, ohne Aufgabe, ohne Rolle. Nur ich, mein Denken, mein Fühlen – und eine Art stiller Zwiesprache mit dem, was grösser ist als ich.

Ich erinnerte mich an andere Nächte: am Anfang des Lebens meiner Tochter. In Momenten beruflicher Entscheidung. In Zeiten des Abschieds. Nächte, in denen ich gewusst habe: Jetzt wandelt sich etwas. Auch letzte Nacht hatte ich etwas davon – auch wenn noch offen ist, wohin der Weg sich wendet.

Das USZ in der Nacht ist ein Ort voller Gegensätze. Technisierte Präzision trifft auf existenzielle Fragilität. Und mittendrin das Menschliche, das nicht messbar ist – die leise Fürsorge einer Pflegeperson, ein kurzer Blickkontakt im Vorübergehen, das Wissen: Ich bin nicht allein, auch wenn ich gerade mit mir bin.

Heute Morgen kam das Licht langsam. Ich war erschöpft, aber ruhig. Etwas in mir war klarer geworden – nicht gelöst, aber vielleicht besser gehalten. Diese Nacht hat nicht nur etwas in mir offenbart, sie hat auch etwas geordnet. Und ich nehme sie mit – als Teil meines Weges, meiner Geschichte, meiner Wandlung.

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23. Mai 2025

Tag 4: Zwischenwelten

Zwischenwelten

Ein seltsamer Zustand – als würde ich auf einer schmalen Brücke stehen, gespannt zwischen dem Gestern und einem noch schemenhaften Morgen.

Nicht mehr ganz im Alten verhaftet, aber auch noch nicht angekommen im Neuen.

Ein Dazwischen, das schwer zu fassen ist.

Drei Tage sind vergangen, seit das neue Blut durch meine Adern zu fließen begann.

Ein fremder Strom, der zugleich Hoffnung trägt und Fragen aufwirft.

Die ersten Stunden waren schwer:

Eine bleierne Müdigkeit senkte sich über mich,

der Wille, etwas zu tun, war kaum zu spüren.

Als hätte mein Körper sich zurückgezogen, um mit sich selbst zu verhandeln.

Jetzt spüre ich, wie etwas sich verändert.

Noch leise, fast zögerlich –

aber unübersehbar.

Ein Funke Kraft beginnt zu glimmen.

Ich höre aufmerksamer in mich hinein,

und da ist ein neues Pochen, ein anderer Rhythmus –

fremd, aber nicht feindlich.

Was bedeutet es, neues Blut zu haben?

Bin ich noch derselbe Mensch?

Oder beginnt hier ein anderer Abschnitt meiner selbst?

Noch trage ich das alte Blut in mir – mit seinen Erinnerungen, seinem Erbe,

aber zugleich ist das Neue in Sicht, ein Versprechen auf Zukunft.

Vielleicht ist dieser Zwischenzustand kein Ort des Verlusts, sondern ein Raum der Wandlung.

Nicht Schwäche, sondern Vorbereitung.

Nicht Stillstand, sondern Sammlung vor dem nächsten Schritt.

Ich ahne: Das Leben hält sich nicht an klare Linien.

Es fließt. Es mischt sich. Es findet seinen Weg – auch durch mich hindurch.

Und ich?

Ich werde weitergehen.

Vielleicht anders.

 

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20. Mai 2025

Tag -1: Mein Vater beliebte zu sagen wenn es ernst wurde: Wenn der Affe ins Wasser springt"

Morgen ist der Tag der Übernahme. Ich müsste lügen, wenn ich nicht nervös und angespannt wäre. Darum Daumen drücken.

Silbermond: "Hoffnung"

 

Spitzenmedizin kann Leben retten – und wirft doch schwierige Fragen auf. Wie viel ist genug? Und wie viel darf ein Einzelner in Anspruch nehmen? Gedanken eines Betroffenen zwischen Dankbarkeit und Zweifel.

Was ist ein Leben wert – und was ist genug? Gedanken über moderne Medizin, Verantwortung und das rechte Mass – aus dem Blickwinkel eines Betroffenen.

Ich bekomme derzeit eine Behandlung, die man wohl als „Spitzenmedizin“ bezeichnen würde. Eine Stammzelltransplantation – hoch spezialisiert, komplex, teuer. Ein medizinisches Hochleistungsprojekt, das mit enormer Präzision, technischer Raffinesse und menschlichem Engagement betrieben wird.

Und ich frage mich: Darf ich das einfach annehmen?

Natürlich bin ich dankbar. Aber da ist auch ein leises Unbehagen. Weil ich spüre, wie viel Aufwand für mich betrieben wird. Wie viel Logistik, Personal, Medikamente – wie viel Hoffnung. Nicht nur meine eigene.

Wie viel Medizin ist genug?

Ich liege da, manchmal in langen Nächten, und frage mich: Muss wirklich alles gemacht werden, was gemacht werden kann? Und: Bin ich bereit, den Preis zu tragen – körperlich, seelisch, vielleicht auch gesellschaftlich?

Ich stelle diese Fragen nicht aus Undank, sondern aus Zweifeln. Weil ich das Gefühl habe, dass wir alle – als Gesellschaft, als Individuen – oft um das rechte Mass ringen. Zwischen Anspruch und Verzicht. Zwischen Machbarkeit und Sinn.

Ist Spitzenmedizin ein Recht – oder ein Privileg?

In der Schweiz haben viele Menschen Zugang zu hoch spezialisierter Behandlung. Das ist ein grosser Wert. Aber es ist nicht selbstverständlich. Nicht global, und vielleicht bald auch nicht mehr national. Denn was möglich ist, wird immer mehr – aber auch immer teurer.

Ich frage mich, ob wir lernen müssen, anders mit diesen Möglichkeiten umzugehen. Bewusster. Mit mehr Augenmass. Nicht alles, was machbar ist, muss auch durchgezogen werden. Und nicht jede Hoffnung muss mit maximaler Technik beantwortet werden.

Verantwortung liegt nicht nur beim System

Natürlich ist es die Aufgabe von Politik und Medizinethik, Rahmen zu setzen. Aber es braucht auch etwas im Einzelnen: die Fähigkeit zur Reflexion. Den Mut zur Entscheidung. Vielleicht auch zum Verzicht.

Ich übe das gerade ein – in kleinen Schritten. Ich frage nach, ich zögere, ich stimme nicht allem sofort zu. Ich merke, dass mir das schwerfällt. Aber vielleicht ist genau das ein Teil von Würde: nicht alles abverlangen, was möglich wäre.

Zwischen Vertrauen und Zweifel

Ich bin nicht sicher, wie diese Behandlung ausgehen wird. Aber ich hoffe – und ich vertraue den Menschen, die mich begleiten. Gleichzeitig versuche ich, mir eine gewisse Distanz zu bewahren. Nicht in Ablehnung, sondern in Achtsamkeit. Vielleicht ist das mein Weg, mit der Ambivalenz umzugehen: Dankbarkeit, ja – aber keine blinde Begeisterung.

Schlussgedanke:

Spitzenmedizin ist ein Geschenk. Aber auch eine Einladung zum Nachdenken. Darüber, was wir erwarten dürfen. Was wir geben können. Und wo das rechte Mass liegt – für uns selbst und für die Gemeinschaft, die das alles trägt.

 

 

 

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19. Mai 2025

TAG 7: TAGTRÄUMEN

Gestern, kurz nach der dritten Infusion, war ich wieder weit weg.

Die Tropfen hingen langsam in mich hinein, der Raum war still. Ich lag da, schwer, irgendwo zwischen Wachen und Nicht-mehr-ganz-da.

Und plötzlich waren sie wieder da – die Bozuu*-Geschichten.

Diese alten Sagen aus dem Wallis, von Gestalten, die im Schatten leben, sich in Ställen verbergen, durch Träume schleichen.

Ich hörte die Stimmen der Älteren, tief und ernst. Erinnerte das Knistern des Kaminfeuers, die angespannte Stille, bevor das Wort fiel: Bozuu*.

Ein Schaudern fuhr durch uns – damals. Angst, ja. Aber auch dieses Kribbeln, das man nur als Kind kennt, wenn das Unbekannte einen mit Haut und Haar verschlingt.

Sie kamen zurück, nicht als Bilder, sondern als Gefühl.

Zwischen zwei Atemzügen. Zwischen Tropf und Uhrzeiger. Zwischen mir und mir selbst.

Vielleicht ist das das Seltsamste an diesen Tagen: Dass sich das, was war, plötzlich wieder aufdrängt. Nicht höflich. Eher wie ein alter Bekannter, der nie wirklich gegangen ist.

Und irgendwo zwischen Müdigkeit und Erinnerung flüsterte ich leise vor mich hin: Bozuu.

Nur für mich. Nur einmal. Und war wieder Kind.

 

* Boozu =Waldgeist, Spuckgeist ; boozinu ;geistern

Leidä Boozu; Furchterregender Geist

Schii tient boozinu; Sie geistern herum

 

Hier eine Sammlung von Walliser Sagen

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18. Mai 2025

Tag 6: Zwischen Klarheit und Traumnebel - Gedanken unter Chemotherapie

Was geschieht mit den Gedanken, wenn Medikamente die Kontrolle übernehmen – und Träume plötzlich lauter sprechen als die Realität?

Heute ist Tag sechs. Die Chemotherapie wird hochgefahren. Ich spüre das. Nicht durch starke Schmerzen oder extreme Reaktionen – eher wie ein feines Kippen der inneren Balance. Etwas verschiebt sich.

Die Nebenwirkungen sind da, aber erträglich. Ich werde eng begleitet, medizinisch gut betreut. Das gibt mir Halt. Und trotzdem: Die Medikamente arbeiten nicht nur im Körper. Sie greifen auch in meine Gedankenwelt ein.

Es fühlt sich an, als läge ein Schleier über allem. Meine Gedanken, sonst klar und strukturiert, treiben jetzt wie Nebelschwaden. Ich versuche, sie zu fassen – manchmal gelingt es, manchmal entgleiten sie mir. Die Kreativität zieht sich zurück, macht Pause. Schreiben wird zäh, Sprache träge.

Was mich besonders beschäftigt: die Träume. Sie kommen intensiv, wirr, lebendig. Bilder und Geschichten, die keinen Sinn ergeben, aber etwas in mir berühren. Es ist seltsam, die Kontrolle über den eigenen Kopf zu verlieren. Ich bin jemand, der Ordnung liebt im Denken – jetzt lasse ich mich plötzlich treiben, mitten hinein in diese surrealen Bilderwelten.

Und doch muss ich zugeben: Manche Träume faszinieren mich. Sie öffnen Türen, die ich tagsüber nie durchschreiten würde. Fast wie Reisen an Orte in mir, die ich vorher nicht kannte. Ich widerstehe nicht mehr – ich beobachte. Neugierig, manchmal auch berührt.

Diese Erfahrung verändert mich. Ich werde langsamer. Leiser. Vielleicht ein wenig durchlässiger. Und ja, auch das Schreiben verändert sich. Nicht alles fließt wie gewohnt. Aber vielleicht zeigt sich darin gerade etwas Echtes.

Verzeiht, wenn dieser Text ein wenig ausfranst. Vielleicht ist er nicht perfekt – aber genau so fühlt sich mein Kopf gerade an. Und genau das will ich teilen.

Denn wie Haruki Murakami sagt:

„In den Träumen beginnen die Dinge, die wir uns im Wachsein nicht zu denken trauen.“

Und manchmal fliegt da auch ein Lied durch den Kopf – still, schwer und schön:

Ludwig Hirsch – Komm großer schwarzer Vogel



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17. Mai 2025

Tag 5: HEUTE IST ENKELINTAG

Heute steht meine Enkelin im Zentrum meiner kreativen Phase. Es entstand eine kleine Kindergeschichte, von einem alten Steinbock und einem Zicklein.

Aber ganz kann ich es nicht lassen. Darum statt ESC ein paar Lieder jenseits von Kommerz und Pomp.

In Zeiten, in denen Nachrichten voll von Konflikten, Frontlinien und Leid sind, finde ich Trost in Musik. Besonders in Liedern, die nicht nur von Frieden träumen, sondern ihn fordern. Antikriegslieder haben seit jeher Menschen bewegt – über Ländergrenzen und Generationen hinweg.

Ich habe eine Playlist zusammengestellt, die genau diesen Geist einfängt. Sie vereint Songs in Englisch, Deutsch, Italienisch und Französisch – Sprachen, die alle auf ihre Weise die Sehnsucht nach Frieden zum Ausdruck bringen. Und natürlich darf Pete Seeger nicht fehlen, dessen Stimme wie kaum eine andere für gewaltlosen Protest steht.

Spotify-Playlist: Lieder gegen den Krieg – Voices for Peace

  1. Where Have All the Flowers Gone? – Pete Seeger (Englisch)
  2. Sag mir, wo die Blumen sind – Marlene Dietrich (Deutsch)
  3. Bella Ciao – Giovanna Daffini (Italienisch)
  4. Le déserteur – Boris Vian (Französisch)
  5. Masters of War – Bob Dylan (Englisch)
  6. Es ist an der Zeit – Hannes Wader (Deutsch)
  7. Blowin’ in the Wind – Joan Baez (Englisch)
  8. Il disertore – Fabrizio De André (Italienisch)
  9. La guerre de 14-18 – Georges Brassens (Französisch)
  10. Waist Deep in the Big Muddy – Pete Seeger (Englisch)
  11. Johnny, I Hardly Knew Ye – The Clancy Brothers (Englisch/Irisch)
  12. Der Traum ist aus – Ton Steine Scherben (Deutsch)
  13. Imagine – John Lennon (Englisch)
  14. Girotondo – I Gufi (Italienisch)
  15. Quand les hommes vivront d’amour – Raymond Lévesque (Französisch)

 

Spotify Playlist

 

Diese Songs erzählen Geschichten von Deserteuren, Müttern, Träumern und Kämpfern – von Menschen, die den Mut hatten, „Nein“ zu sagen. Vielleicht berührt dich das eine oder andere Lied genauso wie mich.

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16. Mai 2025

Tag 4: Kennt jemand noch den Begriff: Barmherzigkeit

Ich bekomme Stammzellen. Von einem Menschen, den ich nicht kenne, nie gesehen habe, nie sehen werde. Und trotzdem verändert diese Person gerade mein Leben – wortwörtlich.

Es ist eine stille Verbindung, fast abstrakt. Jemand hat sich registrieren lassen, ist erreichbar geblieben, hat sich Zeit genommen, hat nicht gezögert. Warum? Ich weiss es nicht. Vielleicht war es eine bewusste Entscheidung. Vielleicht ein spontanes „Warum eigentlich nicht?“.

Was auch immer der Auslöser war – ich bin dieser Person näher, als es Worte beschreiben können. Und doch bleibe ich für sie ein Fremder.

Seit meiner Diagnose ist viel passiert. Klinikgespräche, Therapien, Unsicherheiten. Ich habe dann erfahren, dass es nicht nur auf Technik und Medikamente ankommt. Es braucht auch Menschen, die bereit sind, etwas zu geben, ohne zu wissen, wem.

Eine Stammzellspende ist kein kleiner Schritt. Aber es ist auch kein Heldentum, das nur wenigen vorbehalten ist. Es ist ein Akt der Solidarität und ein Akt der Nächstenliebe und Barmherzigkeit* (ein vergessenes Wort) – schlicht, leise, wirksam.

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich diesen Text schreiben soll. Nicht, weil ich Mitleid suche, sondern weil ich zeigen möchte, was eine solche Entscheidung bewirken kann.

Vielleicht liest das hier jemand, der schon mal darüber nachgedacht hat, sich typisieren zu lassen. Vielleicht ist genau jetzt der Moment.

Hier kann man sich registrieren. 

Ich weiss nur eins: Ohne diese unbekannte Person wäre meine Zukunft eine andere. Jetzt schenkt sie mir Zuversicht und Hoffnung. Was bleibt zu sagen? Danke!

 

Barmherzigkeit ist die mitfühlende, vergebende und helfende Zuwendung zu einem Menschen in seiner Bedürftigkeit – aus innerem Antrieb und ohne Erwartung von Gegenleistung.

 

P.s. Zu Recht fragen einige nach KI. Und ja, ich nutze KI. Aber die Blogtexte sind 100 % Bernhard. Das heisst ich formuliere und lasse dann nur korrigieren (Rechtschreibung, Grammatik, grammatische Empfehlungen vom Korrekturprogramm lasse ich teilweise zu (bin ja nicht blöd)).
Ich nutze folgende KI Tools:

Wenn ich reine KI verwendet habe, dann ist der Text kursiv (siehe Definition von Barmherzigkeit). So weit, so klar?

 

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