Heute Geschichte. Nicht die langweilige (hoffentlich) mit Jahreszahlen, sondern die einzig wahre Version. Es geht um das Wallis. Und darum, warum dort die Uhren anders ticken. Wirklich anders.
Also, es war einmal – zu jener Zeit, als Wikinger noch durch Europa segelten, um sich ihre Reiseziele spontan und oft unfreiwillig zu erschliessen. Zwei Clans prägten diese Ära besonders: die strategisch denkenden Wall-Wikingerinnen und die actiongeladenen Rall-Wikingerinnen. Letztere: stark im Arm, schwach im Hirn. Erstere: mehr Pläne als Muskeln, aber mit einem Faible für Geist, Raffinesse und Lebensklugheit.
Und so entwickelten die Wall-Wikinger*innen die legendäre Wall-ung – eine Art früher Rückfahrplan mit Navigationshilfe. Ziel: rechtzeitig heimkehren, bevor daheim die Geduld der wartenden Bezugspersonen – in welcher Beziehungsform auch immer – vollständig aufgebraucht war.
Doch der Clou kam erst später. Man baute zwei Wall-Ungs. Die eine zeigte den Rückkehrpunkt korrekt an – brav, ehrlich, langweilig. Die andere hingegen – nennen wir sie die „kreative Edition“ – schob den Rückkehrzeitpunkt einfach ein paar Tage vor. Und genau mit dieser segelten die Wall-Wikingerinnen früher heim, kamen vor den Rall-Kolleginnen an – und sicherten sich den wohlmeinenden Empfang samt aller zwischenmenschlichen Zuwendung, die damals so üblich war.
Klar, das war manipulativ, aber gerissen. Effektiv. Und ja, vielleicht etwas fies – aber wo Wikinger sind, ist bekanntlich kein Platz für moralische Skrupel, sondern nur für gute Strategien.
Nach Jahren des Zeitbetrugs, Muskelneids und zwischenzeitlichen Flottenrennen hatten die Wall-Wikinger*innen dann genug. Entzweiten sich die Clans. Die Wall-Vikinger segelten los – auf der Suche nach einer neuen Heimat. An einem anderen Ort südlich des Chaos fanden sie einen Fluss, dann noch einen, dann einen Bach mit seltsam gelblichem Zufluss. Dort war Schluss. Man blieb.
Den Bach nannten sie „Ill-Ba“ – aus Gründen, die man vermutlich nie ganz verstehen muss. Und aus den Wall-Wikingerinnen wurden, mit etwas Berg-Tal-Patina und viel Eigenwillen: die Walliserinnen.
Und da oben, zwischen Tannen, Felsen und sturem Stolz, tickt sie noch – die kleine, schiefe, manipulierte Uhr. Nicht richtig. Aber konsequent anders.
Und genau deshalb: Im Wallis ticken die Uhren anders. Der Zeit immer voraus.
Und das hat seine Gründe.
Denn was einst in den Wall-Wikinger*innen keimte – taktisches Denken, ein Hauch Rechentrick, gepaart mit einem tiefen Bedürfnis, einfach ihre Ruhe zu haben – hat sich bis heute vererbt.
Die Walliserinnen? Nun ja, ein Völklein mit Herz, Hirn und Härte. Strategisch wie ihre Vorfahrinnen, genusssüchtig, redselig nur, wenn’s sein muss, und mit einem Sinn für Zeit – aber nach eigenem Kalender.
Sie sind reserviert, aber herzlich, eigensinnig, aber nicht unfreundlich. Man könnte sagen: kontaktfreudige Einzelgängerinnen mit dem Blick fürs Wesentliche. Wer sie unterschätzt, verliert (und zahlt Subventionen). Wer sie versteht, findet Freundinnen fürs Leben – sofern man das Glück hat, überhaupt als „dazugehörig“ zu gelten.
In ihren Genen steckt die Wall-ung – und die tickt eben nicht wie bei den anderen. Sondern nach Walliser Logik. Und das ist: eine Wissenschaft für sich.
Genau so war es. Jede Zeile, jedes Wort.
Wer was Ernstes lesen will dem sei Maurice Chappaz empfohlen: Die Zuhälter des ewigen Schnee
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