Lieder des Tages
Hubert von Goisern: Heast as nit
Martina Schwarzmann: Weils i's lem so mag
Gestern wurde ich gefragt, warum ich so offen über meine aktuelle Situation schreibe – warum ich Dinge teile, die viele lieber für sich behalten würden.
Die Antwort ist einfach: Ich brauche eine Form, mich mit allem auseinanderzusetzen. Diese Wochen im Spital – vier, vielleicht sechs – sind mehr als eine Pause. Sie reißen mich aus dem Alltag, halten mich auf engem Raum, körperlich angeschlagen, geistig aber hellwach. Und so wurde das Schreiben für mich ein Weg, diese Zeit nicht bloß zu ertragen, sondern etwas darin zu finden.
Natürlich helfen Bücher, Serien, das endlose Scrollen – doch sie dringen nicht tief genug. Was wirklich trägt, sind die stillen Nächte. Sie lassen Raum entstehen: für Gedanken, Erinnerungen, ein inneres Weitergehen.
Vielleicht ist das hier nur ein kurzer Halt. Vielleicht auch ein Übergang. Ich weiss es nicht. Aber gerade deshalb scheint es mir richtig, innezuhalten. Nicht aus Nostalgie, sondern aus dem Wunsch heraus, klarer zu sehen.
So soll eine kleine Sammlung von Gedanken entstehen – Splitter, vielleicht ein Stück Lebensbilanz. Und ich bin dankbar für jede Rückmeldung. Nicht, um Bestätigung zu finden, sondern weil im Schreiben eine leise Verbindung entsteht.
Kommentar hinzufügen
Kommentare
Lieber Bernhard
Erinnerungen - ja, Erinnerungen. Viele Jahre fragte ich mich, warum ich so wenig Erinnerungen an meine Kindheit habe. Etwas Sorge, dass ich vielleicht alles verdrängt habe schwingte stets mit. Bis ich mit einer weisen Frau redete, einer hellsichtigen Frau, die mir sagte - du hast so wenig Erinnerungen, weil gar nicht mehr war - damals. Es war ein Elternhaus mit wenig Emotionen - irgendwie leer. Du hast so reichhaltige Erinnerungen - Blumenfelder im Wallis. Meine Felder sind karg. Dein Tagebuch inspiriert. Vielen Dank!
Lieber Bernhard,
ich lese mit, fühle mit – und erinnere mich. An eine Zeit vor 18 Jahren: Ich, Mutter von zwei kleinen Buben, am Beginn meines beruflichen Wiedereinstiegs – du, mein Vorgesetzter. Ich war ehrgeizig, wollte allem und jedem gerecht werden, alles schaffen, alles unter einen Hut bringen. Gleichzeitig fühlte ich mich gefordert, oft überfordert. Dazu kam der belastende Umgang mit einer scheinbar mir nicht wohlgesinnten Nachbarin.
Dann kam der Moment des Zusammenbruchs. Tränen, Erschöpfung, das Gefühl, versagt zu haben. In dieser Situation hast du mir – sinngemäss – eine Frage gestellt, die mich tief berührte: "Was möchtest du jetzt am liebsten tun? Was würde dir helfen, dich trösten?"
Meine Antwort kam aus dem Herzen: "Ich möchte einfach nur weg – nach Hause, nach Österreich, zu meinen Eltern."
Am nächsten Tag packte ich meine Kinder, mein Mann brachte mich zum Bahnhof nach Zürich – und ich durfte zehn Tage in meinem Elternhaus verbringen. Zehn Tage, in denen ich Kraft tanken konnte: im Gespräch mit meiner Mutter, beim Werkeln und Lachen mit meinem Vater, beim Dasein für meine Kinder.
Gestärkt und mit einem inneren Plan kehrte ich zurück in die Schweiz, in mein Leben.
Bis heute bin ich dir von Herzen dankbar für deine offene, beinahe väterliche Fürsorge, die mich damals getragen hat. Sie hat mir geholfen, seelisch gesund zu bleiben – durch all die Herausforderungen und Veränderungen der Jahre.
Erinnerungen sind Leben. Sie verbinden uns mit Menschen, mit Momenten, mit dem, was uns geprägt hat.
Und auch wenn du dich vielleicht nicht mehr an diese meine persönliche Geschichte erinnerst – es ist nicht schlimm. Ich danke dir dafür, dass du Teil dieser Erinnerung bist. Dass du sie mitgestaltet hast.
Alles Gute für dich – auf deinem Weg, in deiner Zeit. Jede Erinnerung zählt.
Alles Gute für dich – auf deinem Weg, in deiner Zeit. Jede Erinnerung zählt.