Tag 9: Wenn eine Stück Kindheit ins Rutschen gerät

Veröffentlicht am 29. Mai 2025 um 17:26

 

Blatten. Nur ein paar Kilometer oberhalb von Susten, meinem Geburtsort, liegt es – 30 Minuten entfernt, aber tief drin in meiner Erinnerung. Für uns war’s wie ein geheimes Tor ins obere Tal. Und noch ein Stück weiter oben: die Fafleralp – unser Lieblingswanderplatz als Familie. Still, rau, fast ein bisschen aus der Zeit gefallen.

Ich denke an die steilen Pfade, das Bimmeln der Kühe, den Geruch von Heu, Stein und warmem Holz. An das Wasser unter der alten Holzbrücke. An das dunkle Holz der Ställe. An meine Cousins – und an die "Boozugeschichten"  hinter der Kapelle.

Der Bergsturz dort hat mich mehr erwischt, als ich dachte. Es fühlt sich an, als ob etwas Altes, Festes ins Rutschen kommt. Ich bin 1979 weggegangen. Raus aus dem Wallis, aber das Tal – das steckt noch in mir. In meinem Tonfall. In meinem Blick auf die Berge. In meinem Denken.

Wenn Orte der Kindheit bröckeln, wackelt man kurz mit. Es kratzt an Wurzeln, von denen man dachte, sie seien längst weitergewachsen.

Aber Heimat bleibt. Nicht als Ort. Als Gefühl. Als Art zu schauen. Auch wenn ich heute anderswo lebe – ich bleibe ein Kind dieses Tals.

Ich denk an Blatten. An die Fafleralp. Und an das Kind, das ich dort war.

Ich wünsche allen den nun entwurzelten Menschen, neue Wurzeln und dass sie Orte finden, an denen ihre Wurzeln neu wachsen können. Im Idealfall, da wo die alten Wurzeln jetzt ruhen.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.